Simulierte Narben, manipulierte Propriozeption

In der Physiotherapie (im Sportbereich und ausserhalb) hat sich das Taping geradezu epidemisch ausgebreitet.  Das Einbinden und Überkleben von Körperteilen wird schon lange nicht mehr nur als mechanische Entlastung und Unterstützung gesehen, sondern auch  als neuro-propriozeptive, reflektorische und energetische Massnahme.

Es trifft natürlich zu, dass man mit elastischen Bandagen und Klebestreifen Wirkungen am Körper erzielt:

  • mechanisch
    • durch die mechanische Spannung (sowohl die statische Vorspannung als auch die zusätzliche dynamische elastische Dehnungsspannung)
    • durch Grösse, Ort und Richtung des Tapes.
    • Die mechanischen Aspekte standen beim Physio-Taping im Vordergrund.
  • energetisch
    • durch Ort und Richtung (bezogen auf das Meridiansystem und andere Energiefluss-Systeme)
    • durch Form und Muster des Tapes
    • durch Farbe und allenfalls integrierte Wirk“stoffe“ des Tapes.
    • Die energetischen Aspekte werden vom Kinesio-Taping stärker betont.

Aus posturologischer Sicht ist klar, dass jedes Taping das autonome Haltungssystems beeinflusst.

  • Im einfachsten Fall schränkt ein Tape die Dehnbarkeit des Gewebes ein: vergleichbar mit einer Narbe oder einer lokalen Übersäuerung. (Deshalb im Titel: „simulierte Narbe“.)
  • Moderne Tapes und die energetisch orientierten Anwendungen im Kinesio-Taping manipulieren auch den Energiefluss.

In allen Fällen handelt es sich um Manipulationen. Unbestritten ist, dass Manipulationen (auf ihre Art) funktionieren. So wie hochhackige Schuhe (bzw. als Gegenpart die fersenlosen bzw. bananigen Schuhe) die Körperhaltung aufrichten können, so wie ein Korsett den Rücken gräden kann, so wie eine Lächel-Orthese die hängenden Mundwinkel nach oben zwingen kann.

Die Frage ist, ob Sie als Patient den Weg der Manipulation einschlagen wollen. Macht es für Sie Sinn, Ihren Körper mit Tricks und Hilfsmitteln in die Position zu bugsieren, in der  sich „das Gleichgewicht des Schreckens“ symmetrisch präsentiert?

Aus posturologische Sicht ist klar, dass jedes Taping eine Manipulation und Störung darstellt. Das ist das völlige Gegenteil unseres Ziels:

  • In der Posturologie wird das autonome Haltungssystem entstört:
    • sowohl was Störungen der primären Sensoren für die Raum-, Lage- und Haltungswahrnehmung betrifft
    • als auch was übrige Störungen an sämtlichen Komponenten des Haltungsystems und Bewegungsapparats betrifft.

Es macht also herzlich wenig Sinn, gleichzeitig zu tapen und eine posturologische Korrektur des autonomen Haltungssystems anzustreben. Warten Sie also mit einer allfälligen Posturologie Haltungskorrektur, bis Sie Ihre Taping-Phase hinter sich haben. Und passen Sie mittlerweile speziell gut auf Ihre Gesundheit auf, denn jede Manipulation am Haltungs- und Bewegungssystem beeinträchtigt die Integrität Ihrer Wahrnehmung, verschlechtert Gleichgewicht und Körperbeherrschung, erhöht das Risiko für Pannen, Stürze, Unfälle und Verletzungen. Viel Glück!

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