Homöopathie: vier Arten von Krankheiten

Wer die Heilweise „mit den Globuli“ kennt und damit gute Erfahrungen gemacht hat, kommt aber dennoch gelegentlich an den Anschlag. Das ist nicht verwunderlich. Die Homöopathie ist eine umfassende Heilweise

  • mit (derzeit) etwa 4000 Mitteln
  • mit verschiedenen Potenzen (Arten: D, C, LM b zw. Q) und Stufen (von niedrigsten bis extrem hohen Verdünnungsstufen)
  • mit verwirrenden Effekten wie Arzneimittelprüfung, Erstverschlimmerung, Heilreaktion
  • mit einer Wirkung, die manchmal schlagartig eintreffen kann, in anderen Fällen Zeit braucht

Daneben besteht das Problem, dass die Behörden vorschreiben, viele Heilmittel (z.B. Phytotherapie Frischpflanzentinkturen, spagyrische Heilmittel etc.) mit „homöopathisches Heilmittel“ zu bezeichnen, obwohl diese mit Homoöpathie absolut nichts zu tun haben!

Angesichts dieser Hürden und Hindernisse ist es geradezu erstaunlich, dass so viele Menschen so viele positive Erfahrungen mit dieser fantastischen Heilweise gemacht haben und machen. Seien Sie sich aber bewusst, dass das volle Potential der klassischen Homöopathie nur dann ausgeschöpft werden kann, wenn man alle Zusammenhänge und „Spielregeln“ der Heilweise kennt und berücksichtigt.

Dazu gehört die Kenntniss der vier unterschiedlichen Krankheitstypen, die dann auch ganz unterschiedliche Anforderungen an die homöopathische Behandlung stellen:

  • Notfall
  • akute Krankheit
  • akut miasmatische Krankheit
  • chronisch miasmatische Krankheit

Diese vier Krankheitstypen unterscheiden sich in wesentlichen Aspekten geradezu diametral, und stellen unterschiedliche Anforderungen

  • an die Fallaufnahme
    • an den Umfang der Anamnese und Untersuchung
    • an den Einbezug der vererbten Veranlagung
    • an die Berücksichtigung der Causa
    • an die Berücksichtigung besonderer Symptome (nach Organon § 153)
    • an die Berücksichtigung der Modalitäten
    • an die Hierarchisierung der Symptome
  • an die Mittelwahl
    • Bevorzugung kleiner Einzelmittel, oder
    • Bevorzugung grosser Mittel „Polychreste“
  • an die Wahl der Potenz
    • niedrige Potenz (aber immer schon im nichtstofflichen Bereich: höher als D24 bzw. C12 bzw. LM 6, da es sich sonst nicht um klassische Homöopathie handelt!)
    • hohe Potenz
  • an die voraussichtliche Reaktionszeit
    • sofortige, schlagartige Reaktion
    • langsame Reaktion
    • sehr langsame Reaktion
  • an die Mittelwiederholung
    • Einmalgabe
    • „gestreckte“ Einmalgabe
    • Wiederholung erforderlich (aber dann nicht in Globuli-Form, um Arzneimitteloprüfung zu vermeiden!)
  • an den Wechsel des Mittels
    • Wechsel unnötig und unzulässig; ein Mittel reicht
    • Wechsel erforderlich:
      • Zwischenbehandlung mit Reaktionsmittel
      • abwechselnde Behandlung mit Hintergrundsmittel (etwa Konstitutionsmittel) und Vordergrundsmittel (für Aufarbeitung der aktuellen Reaktion)
  • an Begleitmassnahmen
    • Begleitmassnahmen nicht notwendig
    • Begleitmassnahmen „Korrektur von Fehlern in der Lebensordnung“ essentiell
  • Behandlungsansatz
    • Symptom-bezogene Behandlung: Mittelwahl gemäss aktueller (vordergründiger) Symptomatik
    • Konstitutionsbehandlung: Mittelwahl gemäss (hintergründiger) Veranlagung
    • oder im Wechsel

Wer die vier Krankheitstypen und ihre angemessene Behandlung nicht kennt, hat „keine Chance“, in anspruchsvollen Fällen zum Erfolg zu finden:

  • Bisherige Erfolge bei der Behandlung eines Krankheitstyps garantieren nicht, dass bei einem anderen Krankheitstyp ebenfalls Erfolg beschieden sein wird.
  • Dabei liegt es oft nicht an der Mittelwahl, (bei der man sich getäuscht zu haben meint,) sondern am grundsätzlich falschen Vorgehen.

Gerade bei der Behandlung von den chronischen Krankheiten (wobei „chronisch“ im Sinn der Homöopathie zu verstehen ist, und nicht mit dem üblichen „chronisch = länger als beispielsweise 3 Wochen“ zu verwechseln ist) ist die falsche Vorgehensweise und falsche Dosierung des Mittels verheerend. Umso verheerender sogar, je treffender das Mittel gewählt wurde! Gerade das richtige Mittel, falsch angewendet, richtet enormen Schaden an, und macht den Patienten unheilbar. (Ein falsches Mittel würde wenigstens nicht ausgerechnet die Schwachstelle des Patienten treffen und überlasten!). Hahnemann hat dies im § (Paragraphen) 276 des Organon beschrieben.

Ein etwaiger Erfolg bei einer homöopathischen Behandlung lässt sich nicht auf eine weitere Behandlung eines anderen Krankheitstyps übertragen. Ebenso lässt ein etwaiger Misserfolg bei einer homöopathischen Behandlung nicht darauf schliessen,

  • dass die Homöopathie nichts taugt, oder
  • dass das Mittel falsch gewählt war, oder
  • dass die Potenzstufe falsch gewählt war
  • oder dass der Lieferant schlechte Homöopathika liefert
  • u.a.m

denn es kann durchaus sein (bzw. ist am ehesten wahrscheinlich), dass ganz einfach eine Vorgehensweise gewählt wurde, die nicht dem Krankheittyp entspricht. Leider ist das klare und differenzierte Wissen um die vier Krankheitstypen nicht sehr verbreitet, weder unter den Patienten, noch unter den Homöopathinnen und Homöopathen. So finden sich sehr viele  Homöopath/-innen, die sich geradezu fanatisch und einseitig dem Auswendiglernen von Mittelbildern widmen, Sie sind überzeugt, damit den Schlüssel zum Erfolg in der Hand zu haben. Dass sie gerade mit dem richtigsten Mittel (Simillimum) den grösstmöglichen Schaden (§ 276, oben erwähnt) anrichten, nämlich den Patienten unheilbar krank machen, ist ihnen offenbar nicht bewusst.

Sondieren Sie rechtzeitig, welche Homöopath/-innen in Ihrer Gegend für die angemessene Behandlung aller Krankheitstypen zur Verfügung stehen.

Wenn Sie als Patient einen Homöopathen suchen, stellen Sie also sicher, dass dieser weiss, was er macht. Eine einfache Kontrollfrage wäre: „Wie würden Sie mich bei einer chronischen Krankheit behandeln, damit Ihr gutgewähltes Mittel nicht den enormen Schaden anrichtet, vor dem Hahnemann in §267 des Organon warnt?“  (Wenn das Organon unbekann ist und dessen Paragraphen nicht sinnvoll berücksichtigt werden, bedeutet dies: Alarmstufe ROT!) 

Auch Ihre allfällige eigene Arbeit mit der Homöopathie sollten Sie auf Notfälle und auf die Behandlung akuter Unfallfolgen und Krankheiten beschränken. Wenden Sie sich rechtzeitig an einen Profi, wenn es um rezidivierende oder chronische Krankheiten geht. Auch dann, wenn die Symptome keineswegs dramatisch sind: schliesslich wollen Sie Ihre Selbstheilungskräfte auch wegen einer „Bagatelle“ nicht entgültig  ruinieren, weil Sie die Homöopathie falsch anwenden.

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