Es gibt kein Gleichgewichtsorgan!

Aber was ist denn mit dem Labyrinth im Innenohr: mit den 3 Bogengängen und den 3 Ampullen, die auf Beschleunigungen von Drehbewegungen und linearen Bewegungen in allen 3 Dimensionen reagieren? Gilt dies nicht als Gleichgewichtsorgan? Ist es nicht für die Statik zuständig? Heisst  der entsprechende Nerv (der Gehirnnerv, dessen einer Teil für die „Statik“-Funktion  und dessen anderer Teil für die Akustik-Funktion des Innenohres zuständig ist) nicht Nervus stato-acusticus?

Fehlanzeige: dieser Beschleunigungssensor im Innenohr kann zwar Beschleunigungen registrieren, die bei schnellen (in der Geschwindigkeit veränderten, und besonders bei ruck-artigen) Bewegungen des Kopfes  auftreten. Die statische Erdbeschleunigung kann das Innenohr nicht registrieren!

Das wissen alle, die sich in gewissen Situationen befunden haben oder routinemässig darin befinden:

  • in einer Lawine verschüttet, weiss man nicht, in welcher Richtung oben und in welcher Richtung unten ist. Obwohl das Innenohr das registrieren müsste, wenn es tatsächlich der Statik diente!
  • Taucher im Trüben oder Dunkel wissen nicht,  in welcher Richtung oben und in welcher Richtung unten ist. Obwohl das Innenohr das registrieren müsste, wenn es tatsächlich der Statik diente!
  • Piloten in einer Wolke wissen nicht,  in welcher Richtung oben und in welcher Richtung unten ist. Obwohl das Innenohr das registrieren müsste, wenn es tatsächlich der Statik diente!
  • Auch in Flugsimulatoren und bei Jahrmarktsattraktionen kann das Innenohr immer wieder überzeugend getäuscht werden, indem optische und andere Reize beliebige Lagen und Bewegungen vormachen können, denen das Innenohr keine korrekte Lageinformation entgegensetzen kann.

Wie also funktioniert dann das Gleichgewicht, wenn es dafür kein Sinnesorgan gibt? Die Antwort ist ähnlich wie die Antwort bezüglich anderer Wahrnehmungen, für die es kein einzelnes, isoliertes und dafür allein verantwortliches Sinnesorgan gibt (z.B. Blutdruck, Durst, Hunger, Müdigkeit, Sympathie / Antipathie, etc.):

  • eine Reihe von verschiedenen Wahrnehmung ganz unterschiedlicher Sensoren liefert Bruchstücke und Teilinformationen
  • das Gehirn synthetisiert daraus einen Gesamteindruck
    • wenn die einzelnen Teilinformationen korrellieren / übereinstimmen / einander bestätigen, ist der resultierende Gesamteindruck klar, eindeutig und bombensicher
    • wenn die einzelnen Teilinformationen jedoch unstimmig, gestört, nicht übereinstimmend sind, ist der resultierende Gesamteindruck unklar, stressend, problematisch

Für das Gleichgewicht sind werden die entsprechenden Teilinformationen von genau den Sinnesorganen geliefert, die auch für das autonome Haltungssystem zuständig sind. Es handelt sich um die identische Aufgabe: nämlich die Raum-, Lage- und Haltungs-Wahrnehmung. Die Sensoren sind:

  • Auge (Sehsinn, visuelle Beurteilung von Referenzstrukturen in der Umgebung)
  • Füsse (Tastsinn; Beurteilung der Gewichtsverteilung des Körpergewichts im Bodenkontakt)
  • Haut“ (Propriozeption, die nicht nur Haut, sondern auch Sehen, Muskeln, Gelenke und Faszien umfasst)

Wenn deren Informationen nicht übereinstimmen, bemerkt man dies nicht als

  • „Hoppla: meine Raum-, Lage- und Haltungssensoren sind schlecht kalibriert, gestört und liefern widersprüchliche Signale

sondern als

  • „Ich habe Angst vor Höhe, vor Bergwegen, vor engen Pfaden“, oder
  • „Ich werde leicht seekrank„, oder
  • „Mir ist nicht wohl, wenn ich mit dem Auto in enge Passagen oder Einfahrten fahren muss“ oder
  • „Mir passiert es immer wieder, dass ich mich stosse / stolpere / Gegenstände umwerfe /  Kratzer am Auto mache, weil ich offenbar räumliche Verhältnisse schlecht einschätzen kann“, oder
  • Als Beifahrer wird mir immer übel„.

Das Beispiel der Seekrankheit ist ein wunderbares Lehrbeispiel für das, was passiert, wenn sich die Sinneswahrnehmungen von Auge, Füssen und Haut widersprechen, und allenfalls auch noch das Innenohr hineinfunkt (wenn die Bewegungen des Bootes genügend ruckartig sind):

  • nicht nur die Stabilität im Stehen ist eingeschränkt
  • sondern der ganze Körper ist in Aufruhr: man fühlt sich schlecht, allenfalls total und rückhaltlos kotz-übel
  • und man steht mental / emotional unter Stress bis hin zur Panik, zur völligen Resignation, zur Aufgabe des Lebenswillens, zur Bestrebung aus dieser Situation zu entfliehen und wenn es das Leben kostet.

Die Seekrankheit bessert meist schon, wenn die Widersprüchlichkeit der einzelnen Sinneswahrnehmungen um einen Teil reduziert werden kann:

  • indem man einen Horizont (auch einen künstlichen Horizont) fixiert
  • oder indem man die Augen schliesst
  • oder indem man sich hinlegt

Je mehr Faktoren wegfallen, desto besser geht es einem. Natürlich hängt es auch davon ab, wie viele gestörte Faktoren man schon mitbringt: Wer schon über dekalibrierte und gestörte Sensoren (Augen, Füsse, „Haut“) verfügt, hat einfach keinen Spielraum und keine Reserven mehr, mit den erhöhten Anforderungen auf bewegter See ohne Landsicht fertig zu werden.

 So ist es mit den Sinneswahrnehmungen, die vom Gehirn durch korrelierende Teilinformationen mehrerer separater Sensoren synthetisiert werden:

  • wenn alle einzelnen Sinneskanäle sauber und ungestört sind, und sich deren Informationen gegenseitig bestätigen
    • bin ich mir nicht nur sicher,
    • sondern felsenfest sicher, bombensicher, todsicher.
  • wenn die verschiedenen Sensoren schlecht kalibriert und gestört sind, und sich deren Informationen widersprechen
    • fehlt mir jede Sicherheit und jedes Vertrauen in die betreffende „Gesamtwahrnehmung“
    • und zusätzlich bin ich insgesamt gestresst, unsicher, ängstlich. Oder es ist mir übel bis hin zu diesem absolut miesen Zustand ausgeprägter Seekrankheit.

Konsequenz:

  • Bei synthetisierten Sinneswahrnehmungen wie dem „Gleichgewicht“ bzw. dem „Raum-, Lage- und Haltungsempfinden“ können wir nicht ein einzelnes / einziges Sinnesorgan behandeln und davon eine grundlegende Besserung erwarten.
  • An einer systematischen und ganzheitlichen Korrektur (= Kalibrierung und Entstörung) aller beteiligten Sensoren führt kein Weg vorbei.
  • Wenn wir alle notwendigen Korrekturen, Kalibrierungen und Entstörungen vorgenommen haben, ist der Erfolg oftmals sensationell und verblüffend
    • weil alle Teilfunktionen (der einzelnen beteiligten Sensoren) eine oft dramatisch auffällige Verbesserung erfahren
    • weil der Gesamtzustand überraschend stark bessert
    • weil auch Ängste, Übelkeiten, Probleme mit Reisekrankheiten, Höhenangst etc. bessern, und dadurch der Lebensgenuss auf ungeahnte Weise zunimmt.

All diese Vorteile gibt es automatisch, ohne Zusatzaufwand und ohne Zusatzkosten, wenn wir Haltungskorrektur basierend auf der Posturologie machen. Das ABC der Haltungskorrektur setzt ja als Schritt A bei der Korrektur, Rekalibrierung und Entstörung der Sensoren des „Raum-, Lage- und Haltungsempfindens“ an. Also beim tatsächlichen, nicht an ein Einzelorgan gebundenen Gleichgewichtssinn

Worauf warten Sie noch? Darauf, dass eine Medizinaltechnikfirma eine Innenohrprothese als Implantat propagiert? 😉

Dieser Beitrag wurde unter Naturheilpraxis Bomholt, Posturologie abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar